Turn- Und Sportverein Ottensen von 1893(TuS Ottensen)
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27.12.2024
Markus Hoenig (43) hat drei Viertel seines Lebens im TuSO verbracht. Seit vielen Jahren ist er unsere Nummer Eins, ein Vorbild – nicht nur im Tischtennis. Jetzt verlässt er unseren Verein (im Punktspielbetrieb) und bleibt uns gleichzeitig erhalten - als Mitglied und Trainer. Grund genug, mehr über seinen Lebensweg zu erfahren.
Seit wann spielst du für den TuS Ottensen, und wie bist du überhaupt zum Tischtennis gekommen?
Markus: Für Ottensen spiele ich seit fast 33 Jahren. Zum Tischtennis bin ich über die Kinderturnabteilung des Vereins gekommen.
Woher kommt deine Verbundenheit mit dem TuSO?
Markus: Ich bin im TuS Ottensen aufgewachsen. Im Jugendbereich, damals noch unter dem Abteilungsleiter André Schmitthammer, wurde ich sozial, emotional und sportlich gefördert. Das Spielen in den Mannschaften, die Turniererfahrungen und das soziale Miteinander – sowohl im Jugend- als auch später im Erwachsenenbereich – habe ich als sehr bereichernd empfunden. Dafür bin ich sehr dankbar.
Du bist nicht nur eine Ikone in unserer Abteilung und ein großartiger Spieler obendrein. Wie bist du solange beim Tischtennis geblieben?
Markus: Tischtennis ist ein großartiger Sport mit unbegrenzten Möglichkeiten, der mich schon als Kind fasziniert hat und mich bis heute begeistert. Die Mischung aus Schnelligkeit, Ballgefühl und Technik sowie die Möglichkeit, sich auch im Alter weiterzuentwickeln, finde ich einzigartig.
Was viele vielleicht nicht wissen: Du arbeitest viele Jahre als Lehrer - und das an einer besonderen Schule. Erzähl einmal von deiner Arbeit und warum du dich gerade für Menschen mit Behinderung entschieden hast?
Markus: Ich arbeite als Sonderschullehrer an einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung. Die Kinder haben es aufgrund ihres Handicaps im Leben deutlich schwerer und wesentlich eingeschränktere Möglichkeiten, als ich sie beispielsweise hatte. Gleichzeitig erlebe ich immer wieder, dass sie mir in Bereichen wie zwischenmenschlicher Wahrnehmung, Willenskraft und sozial-emotionaler Kompetenz oft überlegen sind. Ich kann viel von ihnen lernen, und die Arbeit mit ihnen bereichert mein Leben.
Hattest du bereits durch deinen Zivildienst Kontakt zu solchen Einrichtungen?
Markus: Ja, ich habe meinen Zivildienst in einer Behindertenwohngruppe in Altona geleistet, getragen von der Evangelischen Stiftung Alsterdorf. Diese Erfahrung hat mein Interesse geweckt, beruflich in diesem Bereich tätig zu werden.
Spielst du auch Tischtennis mit den Kindern und Jugendlichen in der Schule? Wenn ja, warum?
Markus: Auf jeden Fall! Tischtennis ist ein wichtiger Bestandteil meines Sportunterrichts. Auch wenn das Spiel dort oft kreativ interpretiert oder vereinfacht wird, profitieren viele Kinder und Jugendliche sowohl im fein- und grobmotorischen als auch im mentalen Bereich davon.
Was gibt dir die Beschäftigung mit diesen Kindern und Jugendlichen?
Markus: Freude und ein Bewusstsein für die Wichtigkeit des Moments – sowie die Möglichkeit, meinen Lebensunterhalt damit zu verdienen.
Markus, du gehörst zu den 50 besten Spielern in Hamburg. Deine Leichtigkeit, deine mentale Stärke, dein Ehrgeiz - der deine Gegner aber nicht einengt - und gleichzeitig deine Freundlichkeit zeichnen dich aus. Empfindest du das eigentlich auch so?
Markus: Ich denke, dass in all den genannten Bereichen noch viel Verbesserungspotenzial für mich besteht. Mein Anspruch ist es, mich weiterzuentwickeln und von meinen Mit- und Gegenspielern zu lernen. Außerdem bin ich mir bewusst, dass ich mich – genauso wie meine Vereinskamerad:innen – im Hobbybereich bewege. Viele von uns sind auch Vorbild für mich. Jeder hat seine individuellen Stärken und Schwächen.
Hast du eine kleine kuriose, schöne Anekdote aus deinen Tischtennisleben für uns?
Markus: Da erinnere ich mich an mein erstes Tischtennisturnier im Schülerbereich bei einem benachbarten Verein. Ich belegte den dritten Platz und gewann einen Pokal. Trotzdem lief ich weinend aus der Halle, weil ich so enttäuscht war, nicht noch besser abgeschnitten zu haben. Dabei gab es bei diesem Turnier – einschließlich mir – nur drei Teilnehmer. Noch heute denke ich daran zurück und ärgere mich, dass ich den Pokal damals nicht mitgenommen habe. Dafür habe ich die Erkenntnis gewonnen: Schon die erfolgreiche Teilnahme ist wertvoll und sollte geschätzt werden
Deine Mannschaft ist gerade abgestiegen. Schmerzt das? Wie gehst du damit um?
Markus: Was mich wirklich schmerzt, ist, dass Ralf Hendel aus unserem Team in dieser Spielzeit verstorben ist. Aber ich freue mich darüber, dass ich noch einige Spiele mit ihm und der Mannschaft sowie mit vielen Unterstützern aus dem Verein gemeinsam erleben durfte. Es war für unsere Abteilung eine historische Saison in der 1. Landesliga.
Neben Tischtennis spielst du auch Schach - ebenso talentiert?
Markus: Schach macht mir Spaß, aber ich bewege mich dort auf unterer Ebene.
Genau vor zehn Jahren, 2015, mitten der Flüchtlingswelle aus Syrien, waren du und andere aus unserer Abteilung dabei, Tischtennis für Flüchtlingskinder anzubieten. Wie erinnerst du dich daran - und deine Rap-Einlagen?
Markus: Ja, das war eine von dir und Freunden vom Verein St. Pauli organisierte Aktion, die sehr gelungen war. Wir sind damals in verschiedene Aufnahmestätten gefahren und haben mit den Menschen vor Ort Kontakt aufgenommen, Gespräche geführt, Tischtennis gespielt und sie auch zu uns in den Verein eingeladen. Gerappt habe ich glücklicherweise nur im Auto auf dem Heimweg, aber ein paar Beats konnte ich abspielen. Es war schön zu erleben, dass viele während des Tischtennisspiels Freude empfinden konnten und für eine Zeitlang ihre teils sehr heftigen Fluchterfahrungen und prekären Lebenssituationen in den Hintergrund rückten. Auch David, selbst Geflüchteter aus Afrika, war damals dabei. Er spielte bei uns im Verein und bei St. Pauli, hatte selbst eine bedrückende Fluchtgeschichte und engagierte sich sehr, über den Tischtennissport Brücken zu den Menschen zu bauen. Leider verstarb er einige Zeit später an den Folgen einer schweren Krankheit. Ich denke, es macht immer Sinn, den einzelnen Menschen im Kontext seiner jeweiligen Geschichte zu betrachten. Vielleicht ist man eines Tages selbst Geflüchteter und auf Hilfe angewiesen. Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, über Frieden zu sprechen.
Ganz wichtig, stehst du noch immer noch auf Rap und Hip-Hop?
Markus: Ja, klar! Ich mache auch selbst noch Rapmusik. Mein letzter Song beschäftigt sich mit der Aufarbeitung der Coronazeit – ein Thema, das für mich und viele andere von großer Bedeutung ist. Menschen, die sich beispielsweise aus persönlichen Gründen gegen eine Impfung entschieden, wurden für eine lange Zeit vom öffentlichen Leben ausgegrenzt und hatten keine Möglichkeit mehr, an Kultur und Sport teilzuhaben Ich finde, es ist wichtig, dass wir offen über diese Zeit sprechen und einander zuhören.
Manche Spieler:innen wechseln ständig Belege und Hölzer. Was ist wichtiger: der/die Spieler:in oder der Schläger?
Markus: Meiner Meinung nach bringen ein paar zusätzliche Trainingseinheiten mehr, als sich ständig einen neuen Schläger zu holen. Aber natürlich spielt das Material auch eine wichtige Rolle.
Wie häufig erneuerst du deinen Schläger als „Antispieler“, und mit welchem Material spielst du gerade?
Markus: Ich spiele mit dem Appelgren Allplay Holz von Donic, auf der Rückhand den Yasaka Antipower und auf der Vorhand den Donic Bluefire. Nach einer Halbserie erneuere ich den Schläger.
Hast du einen Tipp für uns, wie man sich im Spiel verbessern kann?
Markus: Bewusst trainieren! In jeder Trainingseinheit ein spezifisches Ziel setzen und dieses konsequent verfolgen.
Last, but not least: dein augenblickliches Lebensmotto?
Markus: Dieses Motto gehört für mich zu den wichtigsten: Wenn du dich mal nicht entscheiden kannst, folge deinem Herzen.
Interview & Redaktion: Michael Marek
Fotografie: Arnd Hofmann
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