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PRÄVENTION BEI UNS? Na klar!

Der TuS Ottensen hat seit einigen Jahren eine Präventionsbeauftragte

08.01.2024

Warum und wofür sich Claudia Kroll in unserem Verein einsetzt, erzählt sie im Interview

Claudia Kroll wurde 1964 in Hamburg geboren und hat ein kleines Markt- und Medienforschungs-
unternehmen. Dort versucht die studierte Soziologin z. B. herauszufinden, wie Berichte über den Klimawandel gestaltet sein müssen, damit sich TV Zuschauer*innen dafür interessieren oder welche Themen für ein junges Publikum in Science-Fiction-Serien von Bedeutung sind. Mit 17 hat Claudia ihren ersten Volleyball gespielt. Heute blockt, schmettert und baggert sie in der "Lambada Blues Gang" beim TuSO. Als "leidenschaftliche Dauercamperin" auf einem kleinen, schnuckeligen Platz zwischen Hamburg und Bremen versucht sie ihren "historischen" Wohnwagen (Baujahr 1982) wasserdicht und bewohnbar zu halten.

Claudia, zuerst einmal: Warum kümmerst du dich bei uns im Verein um Prävention?
Ich mache diese ehrenamtliche Arbeit seit fünf Jahren. Davor habe ich mich bereits lange mit dem Thema sexualisierte Gewalt beschäftigt. Angefangen hat das während eines Praktikums in einer Opferhilfeeinrichtung während meines Soziologiestudiums. Da ist mir bewusst geworden, wie alltäglich und verbreitet sexualisierte Gewalt ist. Und deshalb ist es mir wichtig, Sensibilität für dieses tabuisierte Thema zu schaffen.

Welche konkreten Aufgaben und Verantwortlichkeiten hast du als Präventionsbeauftragte -  insbesondere im Hinblick auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen?
Claudia: Erst einmal zum Hintergrund. Offiziell heißt das, was ich im Verein mache: "Ansprechperson für Prävention sexualisierter Gewalt". Das ist vielleicht etwas sperrig formuliert. Ursprünglich war es nicht meine Idee, sich vereinsintern gegen sexualisierte Gewalt zu engagieren. Initiator war unter anderem die Hamburger Sportjugend, die solche "Ansprechpersonen" in Vereinen installieren wollte. Diese Jugendarbeit von Hamburger Sportvereinen wird nur dann finanziell gefördert, wenn die Vereine sich für den Schutz von Kindern und Jugendlichen einsetzen. Und so erreichte dieses Thema auch unseren TuSO und mich.

Zuerst einmal geht es darum, innerhalb des Vereins eine Aufmerksamkeitskultur zu schaffen. Konkret heißt das: In unserem TuSO schauen wir hin und stellen uns an die Seite von Betroffenen. Häufig denkt man zuerst an massive sexualisierte Übergriffe. Dabei fangen Grenzverletzungen oft "harmlos" an und schon ein "ohne anzuklopfen, in die Umkleidekabine kommen" kann dazugehören, falls sich diejenigen, die sich gerade umziehen, dabei unwohl fühlen. Das "Antesten" von Grenzen, um diese immer weiter zu überschreiten, ist Teil der Täter*innenstrategie.

Mir ist vor allem wichtig, dass alle im Verein das Thema "auf dem Schirm haben" und aufmerksam sind. Als Beauftragte für Prävention sexualisierter Gewalt bin ich natürlich ansprechbar für alle Arten von Vorfällen, die mit sexualisierten Grenzüberschreitungen und Übergriffen auf Kinder und Jugendliche in unserem Verein zu tun haben. Dazu gehört, dass alle, die im TuS Ottensen eine Funktion ausüben, sei es als Trainer*in oder im Vereinsvorstand, einen sogenannten Ehrenkodex unterschreiben müssen – mit der Verpflichtung, sich verantwortungsvoll und unterstützend insbesondere gegenüber Kindern und Jugendliche zu verhalten und deren "Grenzen" zu achten.

Darüber hinaus habe ich sicherzustellen, dass vorbestrafte Personen im Bereich Sexualdelikte von der Kinder- und Jugendarbeit im Verein ausgeschlossen werden. Dafür müssen alle, die eine Funktion im Verein ausüben und mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Und zu meinen Aufgaben gehört es, Führungszeugnisse und Ehrenkodizes einzuholen und zu aktualisieren.

Der Stellenwert von Prävention hat sich in den letzten Jahren nicht nur durch Missbrauchsfälle in Kirche, Sport oder schulische Zusammenhänge erheblich verändert. Wie siehst du das, und wie erklärst du diese gesellschaftliche Veränderung?
Claudia: Ja, das stimmt. Seit den 1980er-Jahren hat sich wirklich vieles getan. Nicht zuletzt deshalb, weil sich immer mehr Betroffene getraut haben, ihre Missbrauchsgeschichten öffentlich zu machen. Das Wissen über die Verbreitung sexualisierter Gewalt ist sehr viel größer geworden und vor allem auch die Erkenntnisse darüber, welche Auswirkungen sie für Betroffene hat. Dabei wurde sehr deutlich, wie wichtig Prävention ist. Trotzdem ist es oft erschreckend, wie viele Vorurteile es häufig noch gibt und wie schwer es gerade für Kinder und Jugendliche ist, sich jemandem anzuvertrauen.

Welche Qualifikationen und Schulungen muss eine Präventionsbeauftragte im Sportverein besitzen?
Claudia: Von der Hamburger Sportjugend werden Fortbildungen für die Ansprechpersonen angeboten – durchgeführt von Fachberatungsstellen. Bei mir war das "Zündfunke e. V.". Natürlich ist es sehr sinnvoll, sich in so einem Rahmen mit Zahlen und Fakten, Risikofaktoren, Bedürfnissen von Betroffenen, Strategien von Täter*innen und Interventionsmöglichkeiten vertraut zu machen.

Warum sind es überwiegend Frauen wie du, die diese Aufgabe übernehmen?
Claudia: Gute Frage! Liegt es daran, dass sich Frauen generell eher für die sogenannte "Care-Arbeit" zuständig fühlen? Das ist und wäre eigentlich schade! Ich gehe davon aus, dass auch den Männern in Sportvereinen und vor allem den Vätern daran gelegen ist, dass es ein respektvolles und Grenzen achtendes Miteinander beim Training und anderen Vereinsaktivitäten gibt. Und natürlich können sich Männer genauso gut wie Frauen dafür einsetzen und Ansprechperson sein.

Inwiefern kannst du als Präventionsbeauftragte dazu beitragen, das Bewusstsein für mögliche Gefahren und Risiken auch bei uns im TuSO zu schärfen?
Claudia: Zum einen dadurch, dass alle, die im Verein eine Funktion ausüben, den Ehrenkodex, der vor dem Unterschreiben hoffentlich gelesen wird, mit dem Thema konfrontiert werden. Und zum anderen durch so etwas wie unser Interview, von dem ich mir erhoffe, dass viele es lesen werden und dadurch noch mal ein paar Denkanstöße bekommen.

Es gibt auch kritische Einwände  – auch bei uns im TuSO. Zum Beispiel: Täter*innen als Übungsleiter*innen, die unseren Ehrenkodex unterschreiben müssen, würden sich kaum durch eine Unterschrift abschrecken lassen. Wie stehst du dazu?
Claudia: Natürlich, die Unterschrift allein wird Vereinsmitglieder nicht von Übergriffen abhalten. Durch den Ehrenkodex soll deutlich gemacht werden: Wir alle setzen uns für ein respektvolles Miteinander im TuSO ein und haben vor allem ein wachsames Auge darauf, wie mit Kindern und Jugendlichen bei uns umgegangen wird. Eine Unterschrift wird niemanden abschrecken, klar, das sehe ich auch so. Aber zusammen können wir ein Klima im Verein schaffen, das deutlich macht: Übergriffiges Verhalten wird hier nicht toleriert!

Welche konkreten Maßnahmen ergreifst du als Präventionsbeauftragte, um ein sicheres und geschütztes Umfeld zu gewährleisten?
Claudia: Ich habe ja bereits einiges geschildert, was aus meiner Sicht dazu gehört. Dass ich ansprechbar bin, bedeutet: Wer etwas sexuell Übergriffiges im Verein erlebt hat oder sich mit bestimmten Verhaltensweisen von Trainer*innen unwohl fühlt, kann sich an mich wenden. Dies gilt natürlich auch für Eltern und Angehörige. Und selbstverständlich auch für Trainer*innen, die sich nicht sicher sind, wie sie sich angemessen verhalten (sollen).

Inwiefern können Präventionsmaßnahmen im Sportverein dazu beitragen, das Vertrauen der Eltern in die Sicherheit ihrer Kinder während sportlicher Aktivitäten zu stärken?
Claudia: Ich denke, dass es für Eltern beruhigend sein kann, zu wissen, dass man sich in unserem Verein um den Schutz von Kindern und Jugendlichen bemüht und das Thema wichtig nimmt.

Gibt es positive Beispiele von Präventionsmaßnahmen bei uns im TuSO, und welche Erfahrungen hast du dabei gesammelt?
Claudia: Ich hoffe, dass es viele positive Beispiele für respektvollen und achtsamen Umgang miteinander und zwischen Trainer*innen mit Kindern und Jugendlichen bei uns im Verein gibt. Dass ich bisher noch nichts darüber erfahren habe, liegt aber vermutlich daran, dass nur wenige überhaupt von mir wissen. Aber das soll sich ja auch durch dieses Interview ja ändern ;-)

Welche Unterstützung bekommst du vom Hamburger Sportverband?
Claudia: Neben der geschilderten Fortbildung stellt die Hamburger Sportjugend Infobroschüren zur Verfügung. Es gibt kleine Info-Heftchen für Kinder und Jugendliche und auch für Übungsleiter*innen. Wer daran Interesse hat, kann sich gern an mich wenden.

Last, but not least: Was liegt dir besonders am Herzen?
Claudia: Es wäre schön, wenn ich ein bisschen dazu beitragen kann, dass im TuSO ein faires, sportliches Miteinander gelebt wird. Ich erfahre ja selbst seit vielen Jahren, wie Vereinssport dazu beiträgt, dass man sich wohlfühlt. Nicht nur durch den Spaß an Sport und Bewegung, sondern auch durch die Gemeinschaft und den "Team-Spirit". Diese Erfahrung sollen möglichst viele machen können und sich dabei gut aufgehoben fühlen.

Kontakt: Claudia Kroll, Präventionsbeauftragte des TuSO
Telefon: 0171 - 317 43 17 / E-Mail: c.kroll@gmx.de

Redaktion: Michael Marek

 

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